Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung


Archivmeldung aus dem Jahr 2003
Veröffentlicht: 13.10.2003 // Quelle: Stadtverwaltung

In den Städten und Gemeinden erfahren die Bürger unmittelbar die Auswirkungen staatlichen Handelns, denn öffentliche Leistungen, ohne die ein Zusammenleben nicht möglich wäre, wie zum Beispiel

- Kindergärten,
- Schulen,
- Straßen,
- Öffentlicher Nahverkehr
- Jugend, Sport und Kultur

prägen das Leben der Leverkusener Bürgerinnen und Bürger.

Jeder Einzelne Bürger hat letztlich nur die Möglichkeit, auf kommunaler Ebene aktiv und somit einen elementaren Bestandteil seines gesellschaftlichen Lebens mitzugestalten.

Was hier so theoretisch beschrieben ist, bedeutet auf eine einfache Formel gebracht nichts anderes als:

„Das Leben spielt sich in den Gemeinden und nicht in Bundestag oder -rat ab.“

Und dies haben auch die Begründer unserer Verfassung so gesehen, als am 08. Mai 1949 das Grundgesetz vom Parlamentarischen Rat verabschiedet wurde und die kommunale Selbstverwaltung verfassungsrechtlich verankert wurde.

Hiernach muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft … in eigener Verantwortung zu regeln.

Kommunale Selbstverwaltung schließt die

- Personal- ,
- Organisations-,
- Planungs-,
- Rechtsetzungs- sowie die
- Steuer- und Finanzhoheit

unmissverständlich mit ein.

Gemeindefinanzreform ist zwingend geboten –
Änderungen werden seit Jahrzehnten gefordert

Es kann seitens der Kommunen das seit Jahrzehnten laufende Prinzip nicht länger hingenommen werden, dass Bund und Land Aufgaben auf die Städte und Gemeinden zu verlagern, ohne die entsprechende Finanzierung zu gewährleisten.
Deswegen kann die Forderung nur lauten:

„Wer die Musik bestellt, der soll auch zahlen.“

Dieses sog. Konnexitätsprinzip wird aufgrund knapper Kassen auf Bundes- und Landesebene allerdings schon lange nicht mehr beachtet, auch wenn jetzt ein Gesetzesentwurf eine Verankerung dieses Prinzips in der Landesverfassung vorsieht.

Aus Sicht der Kommunen ist es ein überfälliges Ziel, eine verlässliche Einnahmegrundlage zur Erfüllung ihrer Aufgabe sicherzustellen.

Zwei zentrale Forderungen des Deutschen Städtetages machen dies deutlich:
„1. Die zunehmende Stagnation in den Steuereinnahmen und eine ungenügende Berücksichtigung der städtischen Bedürfnisse im Finanzausgleich erfordern unverzüglich eine Änderung.

2. Das System der Gemeindefinanzreform muss schnellstens grundlegend reformiert werden.“

Das Fatale darin ist, Zitat 1 stammt aus dem Jahr 1965 und Zitat Nr. 2 aus dem Jahr 2001. In den vergangen fast 4 Jahrzehnten ist so gut wie nichts geschehen, außer das Bund und Land weitere zusätzliche Gesetze zu Lasten der Städte erlassen haben.

Was Leverkusen und allen Städten bleibt, ist der Groll darüber, dass

- die Städte nicht gehört, nicht angehört werden,
- den Städten nicht zugehört wird,
- die Städte keine Lobby haben,
- die Interessenvertretung der Städte, die kommunalen Spitzenverbände im Grunde machtlos sind und
- die Städte die Politik von Bund und Land - unabhängig von der politischen Führung - ausbaden müssen, ohne sich wirkungsvoll wehren zu können.

Der jetzige Vorschlag der Bundesregierung sieht allerdings, wie in der Vergangenheit auch, wieder eine Benachteiligung kleinerer und mittelständischer Unternehmen vor, indem es Großunternehmen möglich ist, sich durch geschickte steuerliche Gestaltungsspielräume von Gewerbesteuerzahlungen zu verabschieden. Gerade Leverkusen ist somit erneut besonders betroffen, denn bekanntlich lag hier der Anteil an der Gewerbesteuer 2002 bei kleineren und mittelständischen Unternehmen bei rund 30 Prozent.

Entlastet die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Städte?

Derzeit beschäftigen zwei Modelle zu diesem Reformprojekt der Bundesregierung die Öffentlichkeit, das Hartz-Modell und das Hessen-Modell.
Nach jüngsten Aussagen warnt der Städtetag vor einer Arbeitsmarktreform zu Lasten der Städte und Gemeinden, denn die Zahl der Sozialhilfeempfänger würde sich nach dem Hessen-Modell von derzeit 2,7 Mio. auf mindestens 5.6 Mio. Hilfebedürftige mehr als verdoppeln. Dieser Effekt entsteht nicht durch die Übernahme der Bezieher der Arbeitslosenhilfe und ihrer Familienangehörigen aus der Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe, sondern auch durch höhere Freibeträge. Dadurch können Erwerbstätige Sozialhilfe erhalten, die bisher keinen Anspruch haben.

In einer Stellungnahme des Städtetages vom 08. Oktober heißt es:

„Ein Vergleich zwischen den Hartz-Vorschlägen der Bundesregierung und dem von der Bundesratsmehrheit vorgeschlagenen Hessen-Modell zeige, entscheidende Vorteile der Hartz-Vorschläge und erhebliche Nachteile des Hessen-Modells.

Nach Hartz gibt es keine gespaltene Verantwortung für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, wohl aber eine enge Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Sozialämtern. Das Hessen-Modell dagegen nimmt die Kommunen so stark in die Pflicht, dass auch künftig das Verschieben von Arbeitslosen vom Bund zu den Kommunen nicht beseitigt, sondern sogar erleichtert wird, etwa durch eine kürzere Bezugszeit des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose. Ein zentrales Ziel der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe würde dadurch verfehlt.

Eine überregionale Vermittlung von Arbeitslosen wird durch die Bundeszuständigkeit bei Hartz ermöglicht. Die Zuständigkeit der Kommunen nach dem Hessen-Modell dagegen behindert die überregionalen Vermittlungschancen für Langzeitarbeitslose und trifft damit gerade die Städte und Gemeinden in strukturschwachen Regionen.
- Die unmittelbare Verantwortung des Bundes für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit wird durch Hartz erhalten und gestärkt. Nach dem Existenzgrundlagensicherungsgesetz aus Hessen wird die Verantwortung des Bundes erheblich geschwächt.
- Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger und ihre Angehörigen werden durch Hartz aus der Sozialhilfe herausgeholt. Das Hessen-Modell führt zum Gegenteil, indem es alle hilfesuchenden Erwerbslosen der kommunalen Sozialhilfe zuweist.

In der Frage der Finanzierung sieht auch der Deutsche Städtetag bei beiden Ansätzen noch erheblichen Klärungsbedarf. Der Bund müsse zu seinem richtigen Grundkonzept ein belastbares Finanzierungstableau vorlegen und dürfe vor allem nicht versuchen, die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe über veränderte Umsatzsteueranteile von den Ländern finanzieren zu lassen.

Die Städte erwarten, dass sie durch die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe von Sozialausgaben entlastet werden. Dieses Versprechen stand am Beginn der Beratungen und muss jetzt von Bund und Ländern unbedingt eingelöst werden. Ansonsten droht auch in Leverkusen ein deutlicher Anstieg von Menschen, die Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen müssen. Angesichts der derzeitigen Haushaltslage würde dies die ohnehin kaum noch vorhandenen eigenen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten in dieser Stadt noch weiter einschränken.

Fazit: Auch Leverkusen ist dringend auf eine Gemeindefianzreform angewiesen – Alle brauchen Mut, sich von „Liebgewordenem“ zu verabschieden.
Auch für Leverkusen gelten von daher die Forderungen:
1. Aufgabenübertragung von Bund und Land auf die Kommunen nur bei gesicherter Finanzierung
2. Bund und Land müssen für eine gerechte und gesunde Finanzplattform auch in der Stadt Leverkusen sorgen und damit „nur“ ihren grundgesetzlichen Verpflichtungen nachkommen
3. Bund und Land müssen den Mut aufbringen, sich von „Liebgewordenem“ zu verabschieden; gleiches gilt selbstverständlich auch für die Stadt Leverkusen


Anschriften aus dem Artikel: Alte Landstr 129, Albert-Einstein-Str 58

Kategorie: Sport,Politik,Kultur
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