Politik

Clements Zombie

Untot wie eh und je: Metrorapid

Nachdem das Projekt der Magnetschwebebahn Transrapid zwischen den Millionenstädten Hamburg und Berlin mit dem 5. Februar 2000 endgültig zu den Akten gelegt wurde, entdeckte unser nordrhein-westfälischer Ministerpräsident das Thema für sich.
Kurzerhand wurde das Fernverkehrsmittel Transrapid zum Nahverkehrsfahrzeug "Metrorapid" umgestrickt, um im damals beginnenden Landtagswahlkampf einen weiteren vermeintlichen Beweis für die innovations- und Zukunftsfähigkeit der rot-grünen Düsseldorfer Landesregierung abgeben zu können.


Mutation zum Nahverkehrsfahrzeug

Die Grünen in Nordrhein-Westfalen jedoch standen seinerzeit diesem angedachten Projekt des neuen öffentlichen Personennahverkehrs ähnlich kritisch gegenüber, wie sie dies auch schon in ihrem Widerstand gegenüber der Verbindung Hamburg - Berlin zum Ausdruck gebracht hatten. Nach den Vorstellungen von Wolfgang Clement soll dieser "Metrorapid" bereits im Jahr 2005 durch das Rheinland und das Ruhrgebiet schweben. Gerade rechtzeitig zu der dann wieder anstehenden Landtagswahl. Damit man daraus im Wahlkampf noch reichlich Honig saugen möge.
Aber zurück zur Historie. Um mit der Absage an das Projekt Hamburg - Berlin nicht gänzlich das Gesicht zu verlieren und auch um das schon angeschlagene Image des Magnetschwebebahn-Systems nicht noch weiter herunterzuziehen, lobte die Bundesregierung eine andere, wie auch immer geartete Umsetzung dieser Verkehrstechnologie aus. Dafür sollten dann die verbliebenen Gelder in Höhe von 5,1 Milliarden DM, die der Bund für die Transrapidstrecke Hamburg - Berlin noch vorsah, zur Verfügung stehen.


Tiger als Bettvorleger

Mittlerweile liegen insgesamt fünf Bewerbungen vor, über deren weitere Zukunft beziehungsweise Umsetzung bis Ende September entschieden werden soll. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Bewerbungen zur sogenannten Erstanwendung des Transrapid, um dessen Machbarkeit und Praxistauglichkeit nunmehr entgültig unter Beweis stellen zu können:
  • Anbindung der beiden Großflughäfen München und Berlin-Schönefeld an das jeweilige Stadtzentrum
  • Transrapid-Anbindung über Norddeutschland (Großraum Hamburg) in die Niederlande
  • eine Verbindungsstrecke zwischen den Flughäfen Frankfurt am Main und Hahn im Hunsrück
  • sowie das in Rede stehende "Metrorapid-Konzept" für Nordrhein-Westfalen.

Sieht man einmal von der vorgeschlagenen Relation Norddeutschland - Niederlande
ab, wird das als Alternative zum Flugverkehr gedachte System der Magnetschwebebahn zusehends in die Funktion eines nachgeordneten Zubringerdienstes gedrängt.
Was dereinst als Tiger zum Sprung ansetzen sollte, läuft nunmehr Gefahr, als Bettvorleger zu landen.
Über die Sinnhaftigkeit des "Metrorapid" habe ich mich an dieser Stelle bereits hinreichend ausgelassen. Von daher bedarf es hier keiner erneuten Darstellung.
Die Argumente, die gegen den "Metrorapid" sprechen, sind immer noch dieselben.
Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht lediglich der Gesinnungswandel der Grünen, die in dieser Sache unter der Wortführerschaft der alten und neuen Umweltministerin von NRW, Bärbel Höhn, "Zustimmung unter gewissen Voraussetzungen" proklamieren.
Zwar vor dem Hintergrund eines ergebnisoffenen Prozesses, aber dies kennt man ja schon hinreichend von dem Genehmigungsverfahren des Braunkohletagebaus Garzweiler II, wo die Grünen nur zweiter Sieger wurden.
Aber nach dem Ergebnis der jüngsten Landtagswahl legen die Grünen eine durchaus beachtenswerte Flexibilität an den Tag, was auch ihre elementaren Grundpositionen mit einschließt.
So begrüßt man denn auch, dass die SPD nun auch die Mängel des "veralteten, teueren und unflexiblen S-Bahn-Systems" erkannt habe. Gleichzeitig will man die SPD gar noch überholen, indem man neben dem geplanten Rundkurs des "Metrorapid" eine weitergehende Verästelung der Strecke fordert.


S-Bahn: Von wegen veraltet

Dabei ist die Magnetschwebebahn ein ebenfalls schienengebundenes, wenn auch schienenberührungsfreies Verkehrssystem. Die S-Bahn jedoch kann jederzeit aufgrund ihrer Kompatibilität auf Güter- oder Fernbahngleise ausweichen. Teuerer ist die S-Bahn insofern auch nicht, da sie auf bereits bestehende Infrastruktur weiter aufbauen kann.
Was die angebliche Veralterung anbelangt, sei einem jedem angeraten, beispielsweise auf der S-Bahn zwischen Solingen-Ohligs und Düsseldorf Flughafen einmal die dort eingesetzten neuen Elektrotriebzüge der Baureihe 423 als Fahrgast zu testen. Schon deren Beschleunigungsvermögen stellt alles in den Schatten, was man bislang im gewohnten schienengebundenen öffentlichen Nahverkehr gewohnt war.


Betreiberrisiko bei der Bahn

Übrigens, nach den Erhebungen der Deutschen Bahn AG schneidet gerade die S-Bahn im Rhein-Ruhr-Gebiet im ansonsten durchaus kritikwürdigen Bahnverkehr als das Verkehrsmittel mit dem höchsten Pünktlichkeitsgrad ab. Zudem wird am Ausbau des S-Bahn-Netzes gearbeitet, so derzeit an der Verbindung zwischen Haltern (Westfalen) und Wuppertal-Vohwinkel.
Wenn nun die Landesregierung Signale aus Berlin zu vernehmen meint, die eine Präferierung des "Metrorapid" verheißen, so muß man einmal mehr um die Verliebtheit des Wolfgang Clement in seine Prestigeobjekte fürchten, die für den Steuerzahler bislang immer mit immensen Kosten in diesem Land verbunden waren.
Das Betreiberrisiko soll, wie könnte es anders sein, auf die Bahn AG abgewälzt werden, die sich damit ihrem eigenen konventionellen System und damit sich selbst Konkurrenz machen darf.
Allerdings fehlt es noch an entsprechenden Investoren für die Finanzierung von Fahrweg und Fahrzeugen. Diese sind weit und breit nicht auszumachen.
Bezeichnenderweise hält sich in dieser Beziehung das Herstellerkonsortium des Transrapid vornehm zurück. Obwohl gerade diese Herrschaften diejenigen wären, die von einer Referenzstrecke hinsichtlich der Exportaussichten des Transrapid am meisten profitieren würden.